Über Zen

Wenn Sie jetzt die Zeilen lesen, und Sie sind einfach nur das Lesen, erleben Sie das Lesen als Lesen, und das ist Zen. Zen ist unmittelbares Erleben. Daher: schreiben ist Zen, lesen ist Zen, gehen ist Zen, essen ist Zen. Alles ist Zen. Meist jedoch schieben sich zwischen uns und dem Erleben Gedanken und wir werden der Unmittelbarkeit des Soseins entzogen. Zen ist zwar immer noch da, doch wir erfahren es nicht, wir gleichen jemandem, der seine Brille nicht findet und nicht bemerkt, dass er sie auf der Nase hat und durch sie hindurchschaut.

Geschichte des Zen

Zen ist das chinsesische Wort für Chan und dies geht auf das indische Wort Djana zurück, mit dem Patanjali die 7. Stufe seines achtfachen Pfades beschreibt und das meist mit Gewahrsein übersetzt wird.
Hui Neng, der 6. Patriarch bezeichnet dieses Gewahrsein als Versenkung und Weisheit zugleich. Versenkung ist das bewusste Dasein, bei dem kein Gedanke die Präsenz verschleiert. Diese Versenkung ist wie eine Lampe, deren Licht die Weisheit ist. Das eine gibt es nicht ohne das andere.
Zen kann sich in jedem Moment ereignen. Es braucht keinen bestimmten Ort, keine bestimmte Zeit oder eine bestimmte Übung. Doch es ereignet sich nicht im luftleeren Raum. Gewahrsein bzw. Bewusstheit kann sich immer nur in einer Form zeigen. Um jedoch die Form nicht aus dem Blickwinkel der eigenen Deutungen heraus zu interpretieren, sondern sie wirklich unmittelbar zu erleben, braucht es die Übung, seine bewertenden Gedanken zu übersteigen, sie hinter sich zu lassen. Das braucht Übung. Alles ,was wir als Menschen gerne können wollen, ist davon abhängig, dass wir es üben, vom Sprechen angefangen über das Laufen bis hin zu diesem unmittelbaren Dasein. Was der Mensch nicht übt, kann er nicht und wenn er aufhört zu üben, verlernt er es auch wieder. Alle Samen liegen in uns, was wir gießen, kann anfangen zu sprießen.
Zazen ist die Übung das Denken zu übersteigen und damit das Sosein zu erfahren.
Es wird als „einfach Sitzen“ beschrieben. Das klingt sehr leicht und doch ist es eine der schwierigsten Übungen. Vielleicht können wir den Körper noch ruhig halten, doch unser Geist ist nicht so leicht zu beruhigen. Er ist gewohnt, von einem Gedanken zum anderen zu springen, wie ein Affe von Ast zu Ast.
Schon seit Alters her haben die Menschen eine Methodik entwickelt, diese Stille des Körpers, des Geistes und der Gefühle zu entfalten. Dies Haltung hat als Grundlage eine Yogahaltung, den Lotussitz, den burmesischen Sitz, oder den Diamant- oder Fersensitz. Sie alle fördern das aufrechte Sitzen und dadurch die Wachheit und Konzentration, wie auch die Ruhe im Körper und Geist.
Wachheit, Konzentration und Stille sind die Basis der Übung. Kann die Konzentration auf einen Fokus längere Zeit gehalten werden, stellt sich wie von allein die Präsenz ein. Wir erfahren Zen.

Alltagszen

Zen ist: sich bewusst zu sein von dem, was ist. Im normalen Alltag sind wir so mit unseren Aufgaben und unserem Selbstbild identifiziert, dass wir kaum mitbekommen, dass wir „automatisch“ agieren. Wir denken in Mustern, sind gefangen in Vorstellungen, die sich seit Menschengedenken in uns verankert haben, Das gilt für unser Fühlen genauso wie für unser Handeln.
Dabei haben wir den Eindruck, wir würden aus einem freien Entschluss heraus unseren Alltag gestalten. Zum Glück sind viele Muster alltagstauglich, sprich, vieles hat sich in uns so manifestiert, dass es sich angemessen verhält. Aber es gibt auch die anderen Seiten, die es uns sehr schwer machen, weil die Muster nicht dem Augenblick entsprechen. Wir sind durch sie gefangen in dem Netz den Ängsten, die das Leben im Griff haben, jede Unsicherheit verdrängen und Unheil abwenden wollen. Dies führt dazu, dass wir uns auf den Ebenen von Angst, Abwehr und Verneinung bewegen. Dies kostet uns sehr viel Kraft und wir empfinden unser Leben mit seinen Aufgaben als sehr anstrengend. Kein Vergleich zu dem Leben unserer Kindheit, wo die Herausforderungen des Spiels uns Freude bereiteten und wir noch nicht in den Seilen der Unsicherheiten verstrickt waren. Das Dilemma sind nicht unsere Aufgaben, sondern die Sorgen, die wir uns über sie machen, bereits bevor sie da sind, da waren und auch dann danach. Zen ist die Übung, aus diesem Gedankenkarussell auszusteigen, indem wir uns ganz auf diese Hier und Jetzt einlassen ohne einen Hauch von Urteil oder Kommentar. In dem Moment werden wir dessen gewahr, was ist und sind nicht in den Gedanken, was war und sein könnte, gefangen.